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Der Teckbote 19.12.2018
Liedermacher greift tief ins Archiv
Musik Günther Wölfle hat seine besten Songs auf der CD „45 Jahre Schwobablues“ erstmals digital veröffentlicht.
Kirchheim. Es ist fast wie das Blättern in einem alten Foto-Album. Nur eben musikalisch. Der Kirchheimer Liedermacher Günther Wölfle hat seine CD „45 Jahre Schwobablues“ veröffentlicht, man könnte sie auch „Best Of“ nennen oder einfach „seine Lieblingsstücke“. Da kommen beim Sichten und Auswählen der Zusammenstellung schon mal Erinnerungen und nostalgische Gefühle bei dem Musiker auf, selbst wenn er in seinem Job als Anwalt ansonsten eher nüchtern-rational gestrickt ist. „Es war ein richtiges Erlebnis, wieder bewusst wahrzunehmen, wie das damals mit richtiger Band im Studio war“, erzählt er fast schwärmerisch.
Damals, das waren die Jahre 1978 bis 1980. Es war die erste LP „I möcht so gern a Rockstar sei“, die er bei einem der großen deutschen Plattenkonzerne in Mainz produziert hat. Dann 1979 die Live-Produktion „I glaub i werd so langsam alt“, nur mit seinem Partner Harry Häusel zusammen, und 1980 schließlich seine „Goischderfahrer“ wieder mit Band. Und da finden sich unter den Musikern in Kirchheim bekannte Namen wie Günter Marek, Peter Garratoni und Werner Dannemann. Der hatte damals bei „Goischderfahrer“ seine erste
Plattenproduktion, quasi als „sideman“ von Günther Wölfle. Alles Kirchheimer Musik-Geschichte und -Geschichten.
Auf jeden Fall gibt es nach all den Jahren jetzt erstmals eine Auswahl von Stücken dieser LPs in digitaler Form. Offensichtlich nicht nur Wölfles eigener Wunsch. „In den letzten Jahren fragten mich immer wieder Leute bei Auftritten, ob es meine früheren Platten auch auf CD gibt“, meint der 68-Jährige zu seinem Projekt.
Normalerweise wäre die Sache nicht besonders kompliziert. Man holt sich die Masterbänder aus dem Studio, digitalisiert sie - und fertig. Blöd nur: Diese Bänder sind verschollen. „Ich habe keine Ahnung, wo die abgeblieben sind. Ich hatte die auch nie“, bedauert Günther Wölfle den Umstand. Aber der Musiker hatte noch absolut neuwertige Exemplare seiner LPs im Keller, ungespielt und frei von Kratzern. Also ließ er diese analogen Vinyl-Schallplatten digitalisieren und seine „45 Jahre Schwobablues“ realisieren. Damit war natürlich jegliches Nachbearbeiten der alten Nummern unmöglich - kein „Remix“, kein „Remastering“ oder sonstiges akustisches Aufhübschen. „Das hätte ich aber sowieso nicht gemacht“, meint Wölfle zu dem Thema, „ich wollte es genau so, wie wir es aufgenommen haben.“ Und die Originale, das muss man anerkennen, klingen erstaunlich gut.
Die Fans seiner Musik finden auf der MP3-CD jedenfalls alles, was sie immer wieder gerne hören oder schon lange nicht mehr gehört haben. „Skatblues“, „Baggersee“ und „I sodd a Häusle hau“ sind dabei und natürlich „Yeschderday“, die Wölfle-Version des Beatles-Klassikers, die längst schwäbisches Kulturgut ist. Ergänzt wird die Auswahl durch Günther Wölfles neuere Stücke von seinem letztjährigen Album „Live 2017“. 24 Titel sind esschließlich geworden, die hätten die Kapazität einer normalen Audio-CD gesprengt, deshalb hat er sich für MP3 entschieden. Ist für CD- oder DVD-Player aber kein Problem und zudem praktischer auf mobile Geräte zu übertragen.
Dass Günther Wölfle mit Herzblut bei der Sache ist, sieht man schon allein an der Gestaltung seiner „45 Jahre Schwobablues“. Alles sehr liebevoll gemacht, eine Metallbox, darin eine mp3-CD im „Look“ einer normalen Vinyl-Platte. Dazu ein Booklet mit Texten, Infos, Erinnerungen und alten Fotos.
Ein echtes Sammlerstück für Fans von Mundart, Schwaben-Blues und dem knitzen Humor des Kirchheimer Kult-Musikers.
Zu kaufen gibt es die CD auf seiner Internetseite www.güntherwölfle.de und in der Kirchheimer Buchhandlung Schöllkopf.
Günter Kahlert
Der Teckbote - Samstag, 28.10.2017
„Haja, warum au ned“
Musik Der Kirchheimer Liedermacher Günther Wölfle hat seine neueren Songs auf einer Live-CD veröffentlicht – mehr aus Zufall als geplant. Fans und Sammler dürfte es trotzdem freuen. Von Günter Kahlert
Manches passiert auch einfach nur zufällig. Die neue Live-CD des Kirchheimer Liedermachers Günther Wölfle gehört in diese Kategorie. Klar, er hat sich in den letzten Jahren immer wieder Gedanken gemacht, dass seine neueren Songs auch mal auf Platte sollten, aber irgendwie war ihm der Aufwand mit Studio, zusätzlichen Musikern, Abmischen und was sonst noch so alles dranhängt, zu groß. Außerdem ließ ihm sein Anwalts-Job ohnehin nur wenig Zeit dazu. Da war es ausgesprochen praktisch, dass Fred Jürgen Bulach auf ihn zukam und einen Liveauftritt professionell mitschneiden wollte. Bulach ist der engagierte Betreiber des Internet-Senders „Mundartradio“, der ausschließlich Musik mit schwäbischen Texten spielt. Er suchte schlicht nach „content“, heißt im Klartext: Er wollte einen Auftritt als Material für seine Sendungen aufzeichnen.
„Ha ja, warum au ned“, war die typische Reaktion des Schwaben Günther Wölfle. „Koscht“ ja nix extra. Also: Auftrittsort schnell festlegen – Bürgerhaus Bad Boll – und Fred Jürgen Bulach rückte mit seiner kompletten Aufnahme-Ausrüstung an. Bis dahin noch kein Gedanke an eine CD. „Es sollte einfach eine Radiosendung sein, er kann sich da ein paar Titel rauspicken“, dachte sich der Kirchheimer. Und dann das: „DerAbend ist so gut gelaufen, das Publikum war unglaublich. Wir haben hinterher gesagt, da könnte man eine CD daraus machen“, schildert Wölfle die spontane Reaktion. „Wir“ – das sind er und sein kongenialer Bassist Dieter Hildenbrand aus Dettingen. Dass er sich mit „Günther Wölfle 2017live“ auch noch ein Geburtstagsgeschenk zum 66. gemacht hat, ist nur noch das Sahnehäubchen.
14 Titel sind auf der CD, davon elf neue. Alles absolut ehrlich, nicht nachbearbeitet. „Da sind auch die kleinen Verspieler drauf, die live halt vorkommen“, sagt er fast entschuldigend. Den Deutschen Schallplattenpreis will er mit der Platte sowieso nicht gewinnen, und ehrlich gesagt: Die angeblichen kleinen Patzer merkt der Normalhörer gar nicht.
Es ist nach wie vor großartig, wie Günther Wölfle Alltagssituationen einfängt, in einen genialen Erzählstil kleidet und bei seinenZuhörern die Reaktion hervorruft: „Genau so isches!“.
Da ist sein „Blöd‘s Glomp“, das den Ärger mit defekter Fahrradbeleuchtung thematisiert oder mit dem Computer, der plötzlich den Drucker nicht findet. Ebenso das Radler-Lied „Schwitz“, musikalisch adaptiert vom Klassiker „Route 66“, oder „Wer isch des bloß?“, eine Situation, die jeder kennt. Man wird in der Stadt gegrüßt, erkennt das Gesicht, hat aber keine Ahnung, wie der- oder diejenige heißt. Ist Günther Wölfle häufig so passiert. Zum Glück wusste seine Frau Carmen immer, um wen es geht. Aber das ist eine andere Geschichte.
„Günther Wölfle 2017 live“ ist eine kleine, feine CD-Produktion für die Sammler unter den Fans des schwäbischen Liedermachers. Und vielleicht gibt es auch demnächst noch mehr. Der Kirchheimer überlegt gerade, die bislang erschienenen drei LPs aus den Jahren 1977, 1979 und 1981 als Doppel-CD zu veröffentlichen. Wahrscheinlich auch für sich selber. Günther Wölfle hat auch nur noch jeweils ein einziges Exemplar von „I mechd so gern a Rockstar sei“, „I glaub I werd so langsam ald“ und „Goischderfahrer“.
Info: Wer Interesse an Günther Wölfles Live-CD hat, findet sie über die Website des Künstlers www.güntherwölfle.de oder in der Kirchheimer Buchhandlung Schöllkopf.
„
Dieter Hildenbrand und der Kirchheimer LiedermacherGünther Wölfle (von links).
Gäubote, 14.10.2017
In Muttersprache verstanden werden
Herrenberg: Liedermacher Günther Wölfle liefert schwäbische Perlen
ZoomHits auf Schwäbisch: Dieter Hildenbrand am Bass und Günther Wölfle an der Gitarre GB-Foto: gb
Schwäbische als Sprache und Lebenskultur in all seinen Facetten zu pflegen und zu bewahren, hat sich der Verein Schwäbische Mundart auf die Fahne geschrieben, der sich zum Stammtisch im Hotel Hasen traf. Liedermacher Günther Wölfle trat auf.
Nicola Hollenbach
Sich selbst bezeichnet der Verein Schwäbische Mundart als "Verein für Mundart-Aktivisten und Dialekt-Freunde in Schwaben", hat sich der Pflege der schwäbischen Mundart verschrieben, und trifft sich zu einem Stammtisch in der Tessiner Grotte des Hotel Hasen. Über voll besetzte Tische freut sich der Vorsitzende Dr. Wolfgang Wulz und auch darüber, dass sich die Stammtische mittlerweile in 18 Orten quer durchs Ländle etablieren konnten.
Auch dieser Abend läuft nach dem bewährten Muster ab, das im ersten Teil Künstlern des Vereins eine Bühne gibt, im zweiten dann Menschen aus dem Publikum zu Wort kommen lässt. Heute sind es Herbert Demel, Helmut Zweigart und Karlheinz Haaf, die nach dem Hauptprogramm ihre ganz persönlich gehaltenen Beiträge an munteren Episoden oder Wissenswertem aus dem Volksgut mit den Zuhörern teilen, eine gelebte Form der Heimatpflege und -liebe. Und wenn man Wolfgang Wulz fragt, wie er den Begriff "Heimat" definiert, ist für ihn ganz klar: "Da, wo man in seiner Muttersprache verstanden wird!"
Darum engagiert sich der Verein Schwäbische Mundart, der inzwischen 306 Mitglieder zählt, und die sich jeweils etwa zur Hälfte aus Künstlern und fördernden Mitgliedern zusammensetzen, nicht nur für die Literatur und künstlerische Veranstaltungen, sondern auch für Unterrichtseinheiten auf Schwäbisch innerhalb des regulären Schulbetriebs an öffentlichen Schulen. Wichtig auch für einen der Mundart gewidmeten Stammtischabend, dass im Anschluss an das Programm noch genügend Zeit für ein gemütliches Beisammensein mit gemeinsamem Singen bleibt.
Bodenständiges Programm
Während der ersten Stunde des Abends dürfen die Stammtischler das Duo Günther Wölfle, der sich selbst auf Gitarre und Mundharmonika begleitet, und Dieter Hildenbrand am Bass im wahrsten Sinne des Wortes "hautnah" erleben, denn für eine räumliche Distanz mangelt es in der Tessiner Grotte schlichtweg an Platz. Doch passt dieser Umstand durchaus gut zum Programm, denn es ist bodenständig in jeglicher Hinsicht. Und müßig ist es, darüber zu grübeln, ob dies daher rührt, dass die Mundart so nah am Menschen und dem Menschlichen und somit an alltäglichen Sorgen und Belangen ist oder ob dies auch dem Umstand geschuldet ist, dass der Schöpfer der dargebotenen Lieder, Günther Wölfle, nicht nur in seinem privaten, sondern auch in seinem beruflichen Leben als Rechtsanwalt stets mit eben diesen beschäftigt ist. Jedenfalls kann ein jeder im Raum leicht nachvollziehen, warum er nach einer sonntäglichen Odyssee an den "Baggersee" für sich zu dem Schluss kommt: " Jetzt ko i mi wieder beim Schaffa erhola!"
Ganz Kind seiner Zeit covert Wölfle gerne Melodien der Beatles oder der Rolling Stones, und wenn er mit der Verzweiflung eines echten Schwaben, die auch nur von einem solchen wahrhaft nachempfunden werden kann, in der Stimme singt: "Seit yeschderday, do isch mei Fahrrad he!", leiden alle Zuhörer mit. Auch die in der Cover-Version von "Route 66" beschriebenen Zustände im Ländle "D'r Radweg no Lenninge isch voll wie d' Sau", erntet bierernstes Nicken der Zustimmung, allerdings mit eben diesem doch leicht verschmitzten Grinsen, das den Humor des Schwaben ausmacht. Das "App-Lied" nimmt die neuen Abhängigkeiten digital-faszinierter Zeitgenossen aufs Korn: "Ohne App bisch heit an Depp, ohne App kosch net verreisa oder aufs Klo ganga zom Sch Ohne Schmartfon goht des net, ond erscht recht net ohne App!" Das "Zimmermannslied" hat zwar wenig mit Handwerk zu tun, soll aber gerne bei Richtfesten gesungen werden und berichtet unter anderem von dem Skandal, den es gab, als die Katze acht "Jonge" bekam und das letzte ein "Hondle" war ...
Glomp und Sexbomb
Und wer immer noch glaubt, der Schwabe gehe zum Lachen in den Keller, dem sei das "Kellerlied" anempfohlen, um sich eines Besseren belehren zu lassen. Dass der Alltag kein Artefakt aus Zuckerguss und Rosen ist, ist zwar nicht nur den Schwaben klar, doch begegnet man dieser Tatsache hierzulande in Günther Wölfles schwäbischer Version des Hits "Sexbomb" mit dem Refrain "Blöds Glomp, blöds Glomp!", die somit zu einer Ode an die Misslichkeiten dieser Welt mutiert. Und wer den Schwaben den rechten Sinn für Romantik absprechen will, muss sich nur die schwäbischen Äußerungen solcher Regungen in "Marie" (Melodie "Angie") zu Gemüte führen, um zu wissen, wozu ein Schwabe fähig ist. Kleine Perlen aus dem schwäbischen Mikrokosmos, die einen Abend angenehm verstreichen und die Muttersprache im Herzen behalten lassen.
Teckbote 26.10.2016
Ein Blick in die schwäbische Seele
Günther Wölfle und Dieter Hildenbrand begeistern mit schwäbischen Liedern die Mundart-Fans im Lenninger Bürgerhaus. Gute Laune mit der „Beschd off„-Sammlung des Kirchheimer Liedermachers.
Ein Auftritt von Günther Wölfle ohne seinen Klassiker „Yeschderday, an meim Fahrrad isch d´r Trebbel heh„ ist undenkbar. Fast wie die Rolling Stones ohne „Satisfaction„. Lange müssen die Fans im Lenninger Bürgerhaus aber nicht warten. Er spielt den Titel unter Szenenapplaus bereits als zweites Stück an dem Abend. „Yeschderday„ ist quasi die Urzelle seiner Aktivitäten als schwäbischer Liedermacher. Bereits 1965 hatte er sich – damals noch in der Teck-Realschule – den Text ausgedacht, der ihn Anfang der 70er-Jahre in die schwäbisch-musikalischen Bahnen führte. Es ist erstaunlich, wie sich seine Version des Beatles-Klassikers in der schwäbischen Szene etabliert hat. Viele wissen heute gar nicht mehr, dass der Text vom Kirchheimer Günther Wölfle stammt.
Natürlich spielt Wölfle im Bürgerhaus vor allem ein „Beschd off„ seiner Werke – immer perfekt von Dieter Hildenbrand aus Dettingen am Kontrabass unterstützt. Es geht häufig um Pleiten, Pech und Pannen des Alltags, die Günther Wölfle witzig in Mundart-Texte fasst. „D‘r Baggersee„ beispielsweise, in dem er seinem Ärger über den sonntäglichen Stau in den Freizeitgebieten Luft macht. Das gleiche Thema später noch einmal in „Baggersee 2„, als Wintervariante mit Skifahren, klemmendem Dachständer, fehlenden Handschuhen und Stau am Aichelberg. Oder die Adaption des Tom Jones Hits „Sex Bomb„.
Typisch schwäbisch oder besser gesagt typisch Günther Wölfle wird daraus „Bleeds Glomb„, für jeden nachvollziehbare Frusterlebnisse am Fahrkartenautomaten, mit dem Computer oder Drucker. Und immer wieder ist es auch ein tiefer Blick in die schwäbische Seele. Dass er da bei einigen seiner Songs die Mundart-Fans nicht lange animieren muss, beim Refrain mitzusingen, verwundert nicht. Auch nicht, dass im Lenninger Bürgerhaus beste Stimmung herrscht.
Wölfle ist immer humorvoll, schwäbisch präziser eigentlich „knitz„, aber als musikalische Dialekt-Comedy will er das nicht sehen. „Mein Anliegen es immer auch, kritische Sachen reinzubringen,„ erzählt er im Gespräch. So entwickelt sich das Lied über die Vorliebe des Schwaben für seinen Moscht-Keller („Weil der onda isch ond weil‘s do dunkel isch„) zur Kritik an Stuttgart 21. Auch den App-Wahn der Smartphone-Nutzer nimmt er auf‘s Korn und aus „Penny Lane„ von den Beatles wird „D‘ Marktgass„ mit Anmerkungen zum Bauboom in vielen Innenstädten.
Wölfle liebt und lebt die schwäbische Sprache. Würde anders allerdings auch gar nicht funktionieren, denn im nichtschwäbischen „Ausland„ klingen die Texte wie von einem anderen Stern. Da könnte man sie auch in einem tibetanischen Hochland-Dialekt singen, das wäre kaum ein Unterschied. Hochdeutsch kommt für Wölfle jedoch nicht infrage. © Günther Kahlert
Nachsatz: Für die Anhänger des schwäbischen Blues: Man kann Günther Wölfle auch weiterhin für Feschtle und Konzerte buchen!
Schwarzwälder Bote "PANORAMA" 10.9.2016
»Wir haben ja etwas!«
»Heh, wir sind doch wer!«
Beste Medizin gegen Minderwertigkeitsgefühle: ln den70er-Jahren wurde Schwäbisch zum Ausdrucksmittel von Rockmusikern und Liedermachern wie Günther Wölfle, ThomasFelder und Wolle Kriwanek. Dabei kam mehr als »Spätzle-Blues« heraus
©• VonChristophWagner
Wenn heute der Stuttgarter Rapper MC Bruddaal seine Begeisterung für die Landeshauptstadt in schwäbische Verse fasst (»Du bisch mei Number One«), ist das nichts Besonderes mehr. Das war nicht immer so! Noch bis in die 70er-Jahre hinein war Schwäbisch als Sprache populärer Musik verpönt. Doch dann kamen Wolle Kriwanek und Schwoißfuaß – und plötzlich sah alles anders aus.
Gerademal zwei Lieder befanden sich auf der Musikkassette, mit der sich Günther Wölfle für die Teilnahme am Liedermacher Wettbewerb des Süddeutschen Rundfunks in Stuttgart im April 1975 bewarb. Er wurde eingeladen! Bei der Ausscheidung landete er hinter Wolfgang »Wolle« Kriwanek auf Platz 2. Kriwanek und Wölfle hatten zwei Dinge gemeinsam: Sie spielten Blues und sangen auf Schwäbisch. Das war neu! Schwäbische Bluessänger- das hatte es bis dahin nicht gegeben!
Von Bob Dylan und Donovan inspiriert, war Wölfle beim Herumklimpern auf der Gitarre bei dieser Art von »Spätzle Blues« gelandet. Als er ab 1973 in Tübingen studierte, trat er regelmäßig im Jazzkeller auf - Gage: Freibier - zuerst mit ein paar englischen, dann schwäbischen Liedern. Da die Mundart-Songs besser ankamen, nahm er immer mehr davon ins Programm, bis er am Ende nur noch im Dialekt sang. Schwäbisch wurde sein Markenzeichen!
Ähnlich wie Englisch: »Angie« von den Rolling Stones wurde zur schwäbischen »Marie«
Neben eigenen Liedern wie »Skat Blues« modelte Wölfle englischsprachige Hits zu Dialekt-Fassungen um. »Angie« von den Rolling Stones wurde zur schwäbischen »Marie«. »Es sind keine Übersetzungen«, erklärt Wölfle. »Wichtiger ist, dass es vomKlang her passt. Das Schwäbische sollso ähnlich wie das Englische klingen.«
1977 kam Wölfles erstes Album auf den Markt, das gleich mächtig Furore machte. 100 bis 120 Auftritte absolvierte er nun im Jahr. Sein »Schwobakarle« wurde zum Hit, »Yeschderday« (»an meim Fahrrad isch dr Trebbel he« von den Beatles gar zum Gassenhauer. Auf witzige Weise berichtete Wölfle in seinen Liedern vom »schwierigen Schwabenleben im technischenZeitalter« (sowurde berichtet), wobei sich seine Songs mit den Hinterhältigkeiten und Abgründigkeiten des modernen Alltags auseinandersetzten. Der Titel seiner zweiten Langspielplatte von1978 (» I möcht' so gern a Rockstar sei«) schien in Erfüllung zu gehen.
Fast noch besser kam Wolle Kriwanek ins Geschäft. Der Gitarrist hatte bereits 1967 erste Versuche unternommen. Blues mit schwäbischen Texten zu koppeln. Aber erst in den 70er Jahren stieß er damit auf offene Ohren. »Ich finde es faszinierend, wie die Schwaben immer versuchen, ihren Dialekt und ihr Herkommen zu unterdrücken«, äußerte sich der Stuttgarter Liedermacher damals. »Ich hab' gedacht: "Es muss doch möglich sein, das Schwäbischeemotional direkt und ehrlich rüberzubringen, ohne banal, doof, provinziell oder hinterwäldlerisch zu klingen". Der Erfolg gab ihm recht. Die Musik warf bald soviel ab, dass sich der Sonderschulpädagoge von seinem Lehrerjob beurlauben lassen konnte ,um sich voll der Musik zu widmen.
Thomas Felder war ebenfalls beim SDR-Liedermacher-Wettbewerb 1975 dabei gewesen. Die schwäbischen Lieder von Wölfle und Kriwanek waren ihm jedoch zu unernst. Ihm schwebten poetischere Formen vor. Seine »Erleuchtung« hatte Felder, als ihm ein Tonband des Österreichischen Liedermachers Arik Brauer in die Hände fiel. Hier stimmte alles: Die »Sprachmusik« (Felder) ging mit Melodie und Begleitung eine perfekte Einheit ein.
Felder schickte seinen Song »D'Volksrealhaubtobrschual« an verschiedene Rundfunkanstalten. Prompt erhielt er eine Einladung zum »Bardentreffen« des Bayerischen Rundfunks und wurde für das »beste Mundartlied« ausgezeichnet. Einladungen anderer Rundfunkanstalten folgten. Der Karrierepfeil zeigte steil nach oben.
Wenn Felder über einen Song stolperte, der ihm gefiel, bastelte er eine schwäbische Version daraus. Pete Seegers Lied »Little Boxes« verwandelte er in "Kleine Kistle", was die Einförmigkeit der Häuserzeilen einer Vorstadtsiedlung beschreibt. »Es geht mir umInhalte«, sagtFelder. »Wenn mich ein Song anspricht, versuche ich ihn vom Inhalt her vollständig zu erfassen, um dann die Sprachmusik nachzuempfinden. Ich mach' keine Übersetzung, sondern musikalische Nachdichtungen.«
Für Schwoißfuaß wirkte der Siegeszug der Kölner Band BAP als Ansporn: Erfolg trotz des Dialekts
Dialekt-Lieder kamen damals in der populären Musik immer stärker in Mode. ln Bayern gab es Willy Michl und die Biermösl Blosn, in Friesland nahmen Knut Kiesewetter und Hannes Wader Lieder in »Platt« auf. BAP feierten mit ihrem »Kölsch Rock« Triumphe, und in der Schweiz hatte Rumpelstilz mit »Kiosk« einen schwyzerdütschen Hit. Österreich stand dem nicht nach: Hier sangen Arik Brauer, Wolfgang Ambros und Georg Danzer im Dialekt. Dazu kam Joy Fleming: Sie machte 1973 das Mannheimerische mit ihrem »Neckarbrücken-Blues« salonfähig.
Auch im Jugendzentrum von Bad Schussenried wurde mit schwäbischen Reimen experimentiert. Bald gründeten das Brüderpaar Georg und Alex Köberlein die Gruppe Grachmusikoff. »Wir haben immer die Show, das Spektakel gesucht und dann diese Texte gemacht, die einen ganz eigenen Charakter besaßen«, erinnert sich Alex.
Mit »schwäbischen Balladen. Blues und Blasmusik« (so der Untertitel des Debütalbums von 1980) verbuchte Grachmusikoff einen beachtlichen Erfolg. Doch spukten Alex Köberlein kühnere Ideen im Kopf herum: Er wollte elektrische, rockigere Musik machen. DerSiegeszug von BAP wirkte als Ansporn: DieKölner Band hatte trotz Dialekts Erfolg! Das räumte Zweifel aus. Im Frühjahr 1979 hob Köberlein eine zweite Band aus derTaufe: Schwoißfuaß.
Schwoißfuaß war eine Gruppe von gescheiterten Pädagogen und Studienabbrechern aus dem Reutlinger-Tübinger Raum, deren Musik-Karrieren jetzt einen rapiden Aufstieg nahmen. Die Band hatte einen politischen Anspruch, doch nicht auf die verbiesterte Manier: Man wollte beim Musikmachen vor allem auchSpaß haben! Schwoißfuaß Konzerte waren schweißtreibende ,energiegeladene Angelegenheiten, bei denen die jugendlichen Zuhörer den Musikern regelrecht an den Lippen hingen.
Dass Schwoißfuaß in tiefstem Schwäbisch sangen und sich dafür nicht entschuldigten, sondern diesen vermeintlichen Makel wie ein Banner selbstbewusst vor sich hertrugen, war bahnbrechend und wirkte als Medizin gegen das chronische schwäbische Minderwertigkeitsgefühl.
»Der Gebrauch der Sprache hat uns von anderen Bands abgehoben. Der Dialekt, der musste original sein. Da musste alles stimmen, dann sind die Inhalte geflossen«, erklärt Köberlein.
»Wenn Lieder in derSprache gehalten sind ,in der die Menschen leben, hat das eine ungeheure Wirkung. Die Leute haben gespürt: »Das ist unser Ding!« Sie merkten: »Wir haben ja etwas! Heh,wir sind doch wer!«
Mit ihrem Hit »Oinr isch emmr dr Arsch« brach Schwoißfuaß alle Rekorde. Egal wo die Band auftrat, selbst im kleinsten Flecken in der tiefsten Provinz, immer war die Halle rappelvoll. »ln einem Kaff bei Riedlingen war der Saal dermaßen überfüllt, dass die Leute draußen Leitern an die Fenster stellten, um rein zugucken«, erinnert sich Alex Köberlein. »Dieter Baumann, der Läufer, kam als junger Teenager einmal zu einem Gig in Blaubeuren. Das hat den so mitgerissen, dass er nicht rechtzeitig heimgegangen ist. Den hat dann sein Vater verschlagen, weil er nachts erst spät nach Hause kam.«
Mitte der 80er-Jahre flachte der Boom ab. Darüber hinaus zerfiel das alternative Umfeld
Schwoißfuaß' Popularität ließ die Plattenumsätze explodieren. Um einen größeren Anteil vom Kuchen zu erhalten, nahm die Band bald Herstellung und Vertrieb selbst in die Hand. »Da gab's einen Händler, der ist mit einem VW-Bus 'rumgefahren und hat die Platten in die Läden auf dem Land gebracht«, erzählt Köberlein. »Ich bin jede Woche mit zwei Hunderter-Kisten ins Plattengeschäft »Lerche« nach Stuttgart gefahren, um die Nachfrage zu bedienen. Wir haben damals jeden Monat 10 000 Platten aus dem Wohnzimmmer 'raus verkauft. Da haben wir die Kinder vom Dorf geholt und die die Textblätter eintüten lassen.«
Der Höhenflug währte nicht ewig. Mitte der 80er-Jahre flachte der Boom ab, Schwoißfuaß' kreative Energie erlahmte. Die nächsten beiden Alben floppten. Darüber hinaus zerfiel das alternative Umfeld, das die Band getragen hatte. Nach 600 Auftritten und 200 000 verkaufter Platten war 1986 Schluss. Auch Wolle Kriwanek spürte den Abschwung und kehrte nach sechs Vollprofi-Jahren in den Schuldienst zurück. Er machte bis zu seinem frühenTod 2003 als Freizeit-Musiker weiter. Ähnlich Günther Wölfle, der heute seine Brötchen als Rechtsanwalt verdient. Nur Grachmusikoff und Thomas Felder hielten Kurs. Sie sind Musikprofis geblieben. Allerdings kommt das Ende in Sicht: Die Köberlein-Brüder wollen Ende 2017 in den Ruhestand gehen.
Teckbote vom 10.4.2006
Der Originalartikel als PDF [7.843 KB]
Südwestpresse 04.11.2014
Gut besucht war am Samstagabend das Konzert im Meidelstetter Adler. Günther Wölfle und Harry Häussel gaben sich die Ehre. Seit eineinhalb Jahren sind sie wieder gemeinsam unterwegs.
In den 70er Jahren ging Günther Wölfles „Stern“ als schwäbischer Liedermacher auf. Der Kirchheimer hatte damals viele Auftritte, holte sich 1976 beim Liedermacher-Wettbewerb es Süddeutschen Rundfunks den zweiten Preis – hinter keinem Geringerem als Wolle Kriwanek, brachte 1977 seine erste LP („I will so gern a Rockstar sein“). Die zweite sollte eine Liveplatte werden. In Harry Häussel fand er damals den geeigneten Mitstreiter, fünf Jahre lang zogen die beiden gemeinsam durch die schwäbischen Lande.
Nach dem Studium zog es Günther Wölfle wieder zurück in die heimischen Kirchheimer Gefilde, was aus räumlichen Gründen das Ende des Duos bedeutete. Häussel war fortan mit neuem Partner als „Murx Brothers“ unterwegs. Vor drei Jahren kamen die beiden Musiker wieder zusammen, als Wölfle seinen 60. Geburtstag feierte – und redeten nicht nur über alte Zeiten, sondern beschlossen, wieder zusammen zu spielen. Verzögert wurde die Umsetzung durch einen Unfall Häussels an der Kreissäge, dem beinahe zwei Finger zum Opfer gefallen wären. Es dauerte Monate, ehe der Hörschwager wieder eine seiner selbst gebauten Gitarren – Häussel ist Instrumentenbauer und stellt für durchaus namhafte Abnehmer im Musikbizz Tonabnehmer her – in die Hand nehmen konnte.
Im März vergangenen Jahres hatte das Duo quasi zweite öffentliche Premiere, bei den Reutlinger Mundarttagen, seither einige Auftritte etwa in Trochtelfingen oder in Glems. Das Programm, das sie am Samstag auch im Meidelstetter vorstellten, besteht zur Hälfte aus den alten „Gassenhauern“ à la „Yeschderday – an meim Fahrrad isch der Trebbl he“, „Schwoba Karle“ oder „Silberfisch“, manche der Songs mit aktuellen Anspielungen versehen etwa zu Stuttgart 21. Die andere Hälfte sind neue Sachen: alte bekannte Hits, die Wölfle mit witzigen schwäbischen Texten versehen hat. Etwa Tom Jones „Sexbomb“. Es ist das Stück „Bleds Glomb“ draus geworden, dessen Refrain vom Publikum gerne mitgesungen wurde und in dem es um die diversen Probleme im Alltag geht, die einem das Leben so vermiesen können, vom Fahrkartenautomaten bis zum Computerdrucker. Einfach nur köstlich!
Aus Angie wird bei Wölfle „Marie – bischd Du die Frau aus meiner Fantasie“ und Albert Hammonds „It never rains . . .“ wird zum Einkaufstrip ins regnerische Stuttgart. Wölfle ist noch immer voller Ideen, seine Songs regen zum Lachen an, aber fast immer auch zum Nachdenken, etwa bei: „Leut, ich brauch an App, weil ohne App bischd der Depp“.
Derweil ist Harry Häussel nach wie vor ein hervorragender Fingerpicker, stellte dies mit dem Kottke-Song „Last Steam Engine Train“ unter Beweis, wobei er schmunzelnd anmerkte, er habe alle schwierigen Stellen weggelassen. Man mochte es kaum glauben.
© REINER FRENZ | 04.11.2014 SWP
Artikel aus Kirchheim 2014
Sonntag aktuell vom 6.4.80
(zur zweiten LP)
Günther Wölfles neue Taten
Wenn einer Widerstand schwäbisch formuliert
Landauf, landab macht sein Name die Runde, wo junge Schwaben munkelnd beieinanderstehn, um die Frage zu diskutieren, ob die schwäbische Mundart für den Protestsong taugt: Günter Wölfle. Er hat mit einigen wenigen anderen einheimischen Chanson-Pionieren gezeigt, daß sie taugt. Mit neuen Liedern demonstriert er es noch mal. Der Barde aus Kirchheim/Teck hat jetzt seine zweite Langspielplatte auf die Ladentische zwischen Heilbronn und Friedrichshafen gebracht Sie heißt "I glaub, i werd so langsam alt" Spygel Records). Gerade in diesen paar Versen beweist Wölfle, daß Schwäbisch und Widerstand gegen Entwicklungen, Gefahren von außen und Verkarstung in sich selbst hervorragend zusammenpassen. Die Texte des 27jährigen sind konkret, das heißt sie befassen sich mit dem kleinen Elend, der kleinen Erkenntnis, kleinen Lüge. Sie suchen den großen Teufel im Detail von "Zügle, Fahrrad-Dreppel" und Sonntagsausflügen. Und eben deshalb sind die Wölfle-Arbeiten halt alles andere als lauthalse Protesthanselei und sind trotzdem Widerstand. ©Arnd Brummer
Reutlinger Generalanzeiger vom 1.3.80
(zur ersten LP)
Drei außergewöhnliche Positionen
Meredith Monk: Songs from the Hill/Tablet. wergo SM1022 spectrum;
Ragtimes: Philharmonische Cellisten Köln. wergo SM1016 spectrum;
Günther Wölfle: I möcht so gern a Rockstar sei. Songbird. EMI Electrola.
- Alle drei Einspielungen bei »wergo« Schallplatten GmbH. Weihergarten, Mainz.
Solch eine Hervorhebung gebührt freilich auch Günther Wölfe, nämlich dem Platten-Erstling des Liedermachers. Zehn reichhaltig timbrierte Lieder sind da beieinander, von Wölfle getextet, komponiert und arrangiert, und er selber ist, versteht sich, der Interpret und ein instrumentaler Mitmacher (Gitarre, Mundharmonika, Autoharp). Seine Texte: auf ungewöhnliche (Mundart-)Weise hintersinnig, doppelbodig, manchmal »wie irre«, dann sarkastisch zupackend oder in einen blasierten Blödelton fallend. daß einem das Schmunzeln gefriert. Jeder Text hat da seinen ganz eigenen Zugriff, aber immer doch einen surrealistischen Existenzial-Touch. Erfaßt ist das Panorama dieser spezifischen Rock-Zeit zwischen geistlos und tieftraurig: sei es »Erlkönig« oder »Schwobakarle«, sei es »Käsblättle« oder »Spielautomaten-Blues«, oder ein so doppelbodiges Resümee wie »Wieder mol ischs achte ... wieder an Tag vergammelt…wieder mol bloß rumghängt … « Auch dies eine außergewöhnliche Station und: aller guten Dinge sind wieder einmal drei. ©Werner ]ohannes
Waiblinger Zeitung vom 19.2.79
Aufnahmen zur zweiten LP, live am 17.2.79 in der Manufaktur Schorndorf
Günther Wölfe im Club Manufaktur
Breitgemaultes Schwäbisch läßt sich mit Blues und Rock mischen
Der Künstler karikiert und streichelt, beschimpft und schmeichelt
SCHORNDORF. Schwäbisch, das ist nicht nur ein Dialekt, sondern auch eine Sprache, ist nicht nur eine Bezeichnung, sondern auch eine Wesensart und - auch das bewies Günther Wölfle mit seinem Auftritt im Club Manufaktur -breitgemaulte schwäbische Texte lassen sich hervorragend mit Blues und Rock verbinden. Einen verzwungenen Eintopf gibt das nicht, allenfalls a Blüsle ond a Röckle. Seinem Künstlerkollegen Keuler artverwandt, karikiert und streichelt, beschimpft und schmeichelt Günther Wölfe den Menschenschlag der Schwaben.
Er verschließt seine Augen nicht vor der Realität. Der Radikalenerlaß, keine typisch schwäbische Erscheinung, wird durch den schaffig-obrigkeitshörigen Charakter der Schwaben bisweilen schlimmer gemacht, als er schon ist. Zur Melodie von "Uff d'r schwäb'sche Eisebahne" macht der Student aus der Gogestadt Tübingen ein Lied daraus, ein Stück, in dem es menschelt, wie in allen Werken Wölfles. Der Dozent hat recht, der Student kuscht und hört zu - Fazit 79.
Was Wölfle auszeichnet, ist die Fähigkeit die Beobachtungen, die er an sich selbst und seinem Mitmenschen macht, in Worte umzusetzen. Zum Beispiel im Lied vom Baggersee, an den er am Wochenende zum Baden fahren will. Bis er sich endlich dorthin durchgekämpft hat, fängt's an zu regnen und für Wölfle gibt's nur noch eins: Jetzt aber heim bevor er naß wird. An Wochenenden, das sieht er nach dieser Erfahrung ein, geht er nicht mehr baden, höchstens wäscht er sich mal die Hände. Musikalisch orientiert sich Wölfle hauptsächlich an Amerika, genauer gesagt an dem Blues und Rock wie er von Personen und Gruppen geprägt wurde, die sich nicht mit Heile-Welt-Gejodel zufrieden geben, sondern Töne und Rhythmus als Transportmittel einer Aussage betrachten. Wölfle tritt den Beweis dafür an, daß Musik, die aus einer uns fremden Kultur entsprungen ist, durchaus mit einer Sprache wie dem Schwäbischen harmonieren kann. Die Maulfaulheit der Schwaben ist sogar geradezu wie geschaffen dafür. ©Veit-Ulrich Hoffmann
Rheinpfalz vom 16.7.79
Konzert am 13.7.79 in Landau/Pfalz
Zweites Mundart-Konzert
VomBlues zum „Blüsle“
Im zweiten Konzert der diesjährigen Mund-Art-Reihe im Kreuzgang des Augustinerhofes stellten sich der schwäbische Liedermacher Günther Wölfle und der Gitarrist Harry Häussel vor. Das regnerische Wetter hielt wohl einige vom Besuch dieser Veranstaltung ab; wer dennoch kam, bereute es nicht. Sprachprobleme gab es diesmal (fast) nicht; auch Pfälzer ohne "Fremdsprachenkenntnisse" konnten dem Dargebotenen folgen. Wölfles Lieder einzuordnen ist zunächst einmal gar nicht so einfach. Neben traditionellen Volksliedern werden die verschiedenartigsten musikalischen Versatzstücke aus Pop, Blues und Folk zusammengetragen und mit neuen schwäbischen Texten versehen. Aus dem amerikanischen Blues wird ein "Blüsle"' über´s „Häusle baue“ oder das Altwerden, aus dem schön-Wetter-Hit "lt never rains California"' wird ein freches „lt ever schiff`s in Stuargadd wann i nakomm", und der alte Talking Blues entsteht neu als „Schwätz-Lied", in dem die Alltagsgewohnheiten der Schwaben aufs Korn genommen werden. Und wenn Traditionelles von Wölfle parodistisch neu aufbereitet wird, dann muß auch schon mal ein ehernes Kulturdenkmal dranglauben: aus Goethes Erlkönig macht er "De Vadder un sei Jong", die Geschichte einer Autopanne mit Happyend. Großgeworden ist Günther Wölfle mit den Beatles, den Rolling Stones und Bob Dylan; und so verwundert es nicht, wenn er den einen oder anderen Song dieser Musiker in sein Repertoire aufnimmt. Natürlich gibt es auch hier nicht den Originaltext, sondern eine schwäbische Fassung. Das „Penny Lane" der Beatles wird zum Lied über die Marktgaß in Tübingen, in dem auf die zweifelhaften Folgen einer rigorosen Altstadtsanierung hingewiesen wird. Solch gesellschaftskritische Töne finden sich häufig in Wölfles Liedern: Er schimpft auf den Radikalenerlaß und die Kernkraftwerke und witzelt über die Landesregierung, die in jedem, der nicht CDU wählt, einen Radikalen vermutet. Die Mundart sorgt aber dafür, daß solch kritische Worte nicht gleich so bierernst klingen, Witz und Ironie behalten stets die Oberhand. Man kann Günther Wölfle auch nicht als politischen Sänger bezeichnen; er will in erster Linie sein Publikum unterhalten. Dennoch geraten seine Lieder nie zur glatten Darbietung, ständig bleibt etwas hängen, macht auf sympathische Art nachdenklich. Die stärksten Lieder Wölfles sind daher auch diejenigen, in denen er mit sicherem Blick für das Typische die menschlichen Schwächen im Alltag bloßstellt. Zum Beispiel im Lied vom „Schwaben-Karle" schildert er den typischen Schwaben als einen der auf die Obrigkeit schimpft, aber nur wenn's die Herre net höre, der sein „Veschper" und sein „Viertele" liebt und am liebsten am eigenen Haus baut. Aber durch alle Kritik und Ironie hindurch bleibt auch hier die Sympathie spürbar, die Wölfle seinen Landsleuten trotz all ihrer Schwächen entgegenbringt. Bleibt nur noch zu erwähnen, daß Wölfles Mitmusiker, Harry Häussel, ein ausgezeichneter Gitarrist ist, der über die verschiedensten Spielweisen von Folk über Blues bis zu schwierigen (weil asynkopischen) Ragtime-Stücken verfügt. ©DIETRICH WAPPLER
Nürtinger Zeitung vom 22.2.78
Günther Wölfle verstand es hervorragend, die Zuhörer aus der Reserve zu locken, wobei nicht so sehr das musikalische oder technische Spiel auf der Gitarre beiim Vordergrund stand, sondern vielmehr seine vor Ideen und Witz sprühenden Liedertexte, seine brillanten Einfälle und Wendungen beim vollen Ausschöpfenschwäbischen Dialekts. Auch Kritisches ließ Günther Wölfle anklingen, und hier zeigte es sich besonders, daß vieles, was in der Hochsprache holprig und hart klingt, "auf schwäbisch gsagt" und in Bluesform dargeboten an Schärfe verliert, dafür an Echtheit und Zugänglichkeit für den Zuhörer gewinnt. So mußten sich das „Muschterländle ond d'r Landesvater“ einige Seitenhiebe wegen Radikalenerlaß und Atomkraftwerksbau gefallen lassen. Nebenall dem durften natürlich ein paar echte schwäbische Volkslieder zum Mitsingen nicht fehlen. Es war erstaunlich, wie der Sänger das Publikum fesselte und im Lauf des Abends mehr und mehr auftauen ließ. Ohne eine ganze Reihe von Zugaben ließ dann auch das begeisterte Publikum den Tübinger nicht ziehen.
Cannstatter Zeitung ?
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